Planspiele in Ethik – richtig nah an der Realität

Im vergangenen Jahr haben wir zwei kleine Planspiele in Ethik gespielt und ich war (bin) über die Realitätsnähe immer noch erstaunt. Allerdings waren nicht die Spiele nahe an der Realität, sondern das Verhalten meiner Schüler:

Im ersten Spiel ging es darum, etwas „aus seinem Leben“ zu machen. Die Schüler hatten einen Beruf und haben entsprechend Geld verdient, das sie allerdings zum Teil in ihr „Überleben“ investieren mussten. Wer mehr hatte, konnte sich weiterbilden und einen höherqualifizierten Beruf erlernen, der dann mehr Verdienst einbrachte usw. Durch verschiedene unglückliche Ereignisse sind dann zwei meiner Schüler in Bedrängnis gekommen, der Verdienst reichte nicht mehr zum Lebensunterhalt aus. Die Schüler einigten sich auf eine Art „Sozialhilfe“, die aber so knapp bemessen war, dass sie einige Runden später wieder zur Diskussion stand. Einige Schüler hatten sich mittlerweile finanziell so fortentwickelt, dass für eine (allerdings sehr kurze) Zeit auch der Gedanke aufkam, die sehr gut situierten Mitspieler zur Kasse zu bitten. Obwohl das nur zwei Mitspieler (von 15) waren und alle gesehen hatten, wie schnell man in eine Notlage kommen kann, endete die Abstimmung 2-13 gegen eine „Reichensteuer“. Die beiden notleidenden Mitspieler sind gegen Spielende übrigens „verhungert“.

Im zweiten Spiel hatten die Schüler die Aufgabe, mit ihren Booten Fische zu fangen. Im Meer gab es zunächst 150 Tonnen Fisch, davon konnte jedes Boot max. 25% fangen. Die Fangquoten wurden der Spielleitung geheim mitgeteilt, so dass am Ende einer Spielrunde nur der „übrige“ Bestand mitgeteilt wurde. Da sich die Fische in der Schonzeit wieder vermehren, beginnt die nächste Runde dann mit einem höheren Bestand. Es zeigte sich sehr schnell, dass die Fischerteams das Meer gnadenlos leerräumten. Selbst die Einsicht, dass es so nicht weitergehen kann, führte nicht zu einer Verringerung der Fanquoten (ein Boot blieb immer bei 25%, die beiden anderen schwankten zwischen 5% und 25%). Um den Fischbestand zu sichern, veranstalteten die Schüler dann eine Konferenz, in der man sich auf eine Fangquote von max. 5% für die kommenden drei Jahre einigte. Ich staunte allerdings nicht schlecht, als mir anschließend die Fangqouten mitgeteilt wurden: Lediglich eine Gruppe hielt sich an das Abkommen, den beiden anderen war die Absprache egal.

Bei beiden Spielen lief die anschließende Diskussion dann etwa folgendermaßen: wieso soll ich auf die anderen achten, jeder muss selbst sehen, wo er bleibt. Vielleicht bin ich naiv, aber eigentlich hätte ich ein anderes Verhalten (wenigstens im Ansatz) erwartet. Vielleicht lag es aber auch daran, dass beide Spiele einen Einstieg in die Thematik boten. Deshalb wäre es sicher interessant, nach einer Einheit (zum Beispiel über Nachhaltigkeit) ein weiteres Spiel zu spielen.


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Kommentare

3 Antworten zu „Planspiele in Ethik – richtig nah an der Realität“

  1. Avatar von Saskia Grünau
    Saskia Grünau

    Ich finde, dass die Spiele richtig gut klingen und würde sie selbst mit einer Klasse mal spielen. Leider habe ich keine Spielregeln und keinen Ablauf für diese Spiele. Darum würde ich mich sehr darüber freuen wenn ich eine genauere Beschreibung der beiden Spiele erhalten würde.
    Lg Saskia

    1. Avatar von f46qTVhR
      f46qTVhR

      Gerne doch: Das Fischereispiel habe ich aus einer Publikation, die die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg herausgegeben hat. Sie ist mittlerweile auch online hier (http://www.lpb-bw.de/publikationen/did_reihe/band22/ziefle.htm) abrufbar.
      Das zweite Spiel heißt „Das gute Spiel der Ungleichheiten“ und kann hier heruntergeladen werden: http://donat-schmidt.de/files/downloads/seminarwirtschaft/planspiel_ungleichheiten.pdf

      Hoffe, ich konnte helfen!

      1. Avatar von Saskia Grünau
        Saskia Grünau

        Dankeschön. Das hilft mir ein ganzes Stück weiter.
        Lg Saskia

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